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Anhang Wer sich ein Bewusstsein von den Grundlagen des Denkens aneignen will, eine Voraussetzung geistiger Autonomie, dem bietet dieses Werk eine reflektierte Darstellung metaphysischer und ontologischer Philosopheme von Parmenides bis Adorno. Zugleich wird auf die praktischen Konsequenzen der Theoreme eingegangen. Nur durch die Verschränkung des Logischen mit dem Historischen lassen sich Begriffe wie Materie und Geist, Seele und Moralgesetz, Raum und Zeit, positive und negative Metaphysik begründen oder falsche Thesen wie die Existenz Gottes oder die Determination der Welt widerlegen. Wer die philosophische Tradition dagegen abstrakt negiert, muss alle ihre Fehler fatal auf die eine oder andere Weise wiederholen. Dies wird gezeigt an der Widerspiegelungsthese, in der unverhofft das Denken in einen Produktions-Idealismus umschlägt, am Poststrukturalismus, der widerlegte Thesen von Gorgias aufwärmt, am linguistic turn und Nominalismus, weil beide kein fundamentum in re mehr anerkennen, an der Konsensphilosophie von Habermas, da ontologisch fundierte Wahrheit sich nicht durch einen Konsens ersetzen lässt. Solche Modephilosophien eignen sich hervorragend zur Ideologieproduktion, das ist die geistige Absicherung von Herrschaft. Dagegen wird in dieser Schrift gezeigt, dass Herrschaft, heute die des Kapitals, immer partikular ist und schon deshalb im Widerspruch steht zur Wissenschaft, die allgemeingültige Urteile herausfinden will. Die These von Gaßmanns Buch ist, dass sich unsere theoretischen Projektionen dann als wahr erweisen, wenn sie im Experiment, in der gegenständlichen Tätigkeit und am Praxiskriterium sich bewähren, d. h., dass sie zu Bedingungen der Möglichkeit der heutigen Gesellschaft geworden sind. Das Buch kann auch gelesen werden als begleitende Lektüre zum Studium der Primärtexte selbst. Ohne eine auf den Gehalt gehende Interpretation müsste der Studierende alles selbst herausfinden, was in der philosophischen Diskussion der Jahrhunderte objektiviert wurde. Mythos und Logos sind aufeinander verwiesen. Ohne Mythos (fiktionale Darstellung von Erfahrung, Beschreibung, Mimesis) hätte der Logos (das rationale Denken) keinen Stoff, ohne Logos wäre der Mythos blind. Der Seinsbegriff von Parmenides ist der erste rein metaphysische Begriff, für sich erklärt er nichts (Erklärung als Kriterium für rationale Metaphysik), aber er dient der Selbstversicherung des Denkens. Die Widersprüche in diesem Seinsbegriff führen bei Gorgias zum Nihilismus. Dagegen kann Platon nachweisen, dass der Seinsbegriff nur gewonnen werden kann durch Abstraktion von kontingenten Seienden, dieses also immer vorausgesetzt ist. Da Seiendes nur unterschieden ist durch Nichtseiendes, kann es auch nur durch Dialektik, dem begriffenen Widerspruch, erkannt werden. Das parmenideische Sein führt bei Platon zur Ideenlehre. Die Idee als Urbild ist dem Denken adäquat, Wahrheit ist nicht mehr die Gleichheit (Spiegel der Natur, Widerspiegelung) von Begriff und Sache, sondern deren Angemessenheit. Geist und Materie fallen nicht mehr wie bei Parmenides zusammen, das eine ist das Gegenteil des anderen (gegen Unterstellungen von Hirnforschern). Auf Grund der mangelnden Begründung der Teilhabe von empirischem Gegenstand und Idee verlegt Aristoteles die Art-Form in die einzelnen Dinge und begründet damit den Universalienrealismus. Voraussetzung des rationalen Denkens ist die Widerspruchsfreiheit, der Begriff des Widerspruchs ist aber selbst nur widersprüchlich zu denken (Dialektik). Damit eine Rede widerspruchsfrei ist, muss sie etwas Bestimmtes aussagen, einen Gegenstand haben und ein identisches Wesen der Sache bestimmen. Die Aporien der aristotelischen Wesensbestimmungen werden von ihm selbst reflektiert und führen unter anderen geschichtlichen Umständen bei Ockham zum Nominalismus. Seine große Leistung ist es, die volle Rolle der menschlichen Subjektivität bei der Erkenntnis erkannt zu haben. Während in der antiken Philosophie Ontologie und Metaphysik noch zusammenfallen, sind nun ontologische Aussagen nur noch durch das erkennende Subjekt hindurch möglich (keine intentio recta). Nach dem Nominalismus Ockhams soll es in der ontologischen Sphäre nur noch Singularitäten geben, der Begriff Singularität ist jedoch ein Allgemeinbegriff von Einzeldingen, sodass sich der Nominalismus widerspricht. Dessen Aporien führen zu Kants Transzendentalphilosophie, die eine neue Gestalt der Metaphysik ist. Sie lässt von der ontologischen Sphäre nur noch das Ding an sich als intelligible Ursache der Erscheinungen übrig. Aber da sie aus den Bedingungen der Möglichkeit wahrer Wissenschaft erschlossen ist, enthält sie immer schon ontologische Voraussetzungen, wie sie im Experiment erscheinen. An den Ausführungen der Kritik der reinen Vernunft kann gezeigt werden, dass bei Kant nicht nur implizit ontologische Bestimmungen eingehen, sondern auch die strikte Trennung von Erscheinung und Ding an sich nicht haltbar ist. Auch kann die transzendentale Apperzeption als Garant der Widerspruchsfreiheit selbst nichts unter sich bringen, sondern das können nur empirische Subjekte, deren Leistung aber nicht genügend reflektiert wird. Hegel entwickelt die transzendental begründeten Kategorien systematisch weiter (in seiner Logik) und macht daraus eine Geist-Ontologie, die wiederum mit Argumenten aus Kants Erkenntnisreflexion kritisiert werden kann. Dennoch stellt Hegels Dialektik einen Höhepunkt der Philosophiegeschichte dar, weil er diese in sein System integriert hat. Sie ist als materialistische „Methode“ in die Marxsche Kapitalanalyse eingegangen. Der Begriff des Kapitals entspricht dem idealistischen Wesensbegriff Hegels und ist nach Marx abzuschaffen, weil dieser automatische Mechanismus den einzelnen Menschen bloß als Mittel der Verwertung des Werts behandelt. Die nachfolgende bürgerliche Philosophie fällt hinter Kant und Hegel – z. T. aus ideologischen Gründen – zurück. Bei Heidegger wird eine ontologische Differenz von Sein und Seiendem aufgemacht, da aber das Sein nicht rational bestimmbar ist, gleitet das Seinsverständnis von Heidegger trotz seines Seinsfatalismus in den Subjektivismus ab, zu dem es bei Sartre explizit geworden ist. Auch seine durch Umdeutung von Kants Kategorien zu Seinsbegriffen gewonnene Ontologie ist nicht haltbar, weil solche Seinsbegriffe Kontradiktorisches enthalten. Dagegen werden vom Logischen Empirismus alle ontologischen und metaphysischen Voraussetzungen abstrakt negiert, sodass er zum Solipsismus mutiert und seine eigenen metaphysischen Implikationen nicht mehr erkennen kann. So ist sein empiristisches Verifikationskriterium nicht auf dieses (metaphysische) Kriterium selbst anwendbar und damit irrational. Das wahre Verhältnis von unseren Begriffen zu der extramentalen Realität ist nach Peter Bulthaup dies: Begriffe der Natur, die dem Praxiskriterium genügen, treffen etwas in der ontologischen Sphäre, ohne dass eine Ontologie als System der Totalität möglich ist. Von uns Menschen in den Dingen und der Gesellschaft realisierte Begriffe können universalienrealistisch gedeutet werden, wie an der Marxschen Kapitalkritik verdeutlich werden kann. Lebendige Körper, da ihnen ein immanentes Telos zu unterstellen ist, können in ihrem Wesen nicht positiv bestimmt werden (Kant/Haag). Das Telos ist nicht den naturwissenschaftlichen Methoden zugänglich, sondern muss nur überhaupt angenommen werden (negative Metaphysik). Deshalb dürfen Organismen, insbesondere der Mensch, nicht zum beliebigen Mittel fremder Interessen wie im Kapitalismus gemacht werden.
Vorwort 6 Bodo Gaßmann: Die metaphysischen und ontologischen Grundlagen des menschlichen Denkens. Resultate der kritischen Philosophie, Garbsen 2012. (560 Seiten; Paperback; Fadenheftung; 17 x 24 cm; 24,- €) Bodo Gaßmann, Jg. 1947, ist Herausgeber der „Erinnyen. Zeitschrift für materialistische Ethik“ und Vorsitzender des „Vereins zur Förderung des dialektischen Denkens“. Er war langjährig Philosophielehrer und ist jetzt Privatgelehrter. Seine Spezialgebiete sind Logik, Ethik und Moralphilosophie sowie Gesellschaftstheorie. Er war Schüler von Peter Bulthaup und Günther Mensching. Bisherige Veröffentlichungen sind u. a.: „Logik. Kleines Lehrbuch des menschlichen Denkens“; „Ethik des Widerstandes. Abriß einer materialistischen Moralphilosophie“. Zurück zum Anfang
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Erinnyen Nr. 18
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